Bereits vor 25 Jahren wurde sie gegründet, sie widmet sich seither insbesondere dem sozialen Wohnbau.
Autorin: Beatrice Stude
In der Schweiz ist die Mitbestimmung der Zivilgesellschaft seit vielen Jahrzehnten tief in ihrem Selbstverständnis verankert. Ein aktuelles Beispiel dafür ist die Basler Bodeninitiative „Boden behalten und Basel gestalten“. Im Februar dieses Jahres stimmten 67 Prozent dafür, dass der Kanton Basel-Stadt eigene Liegenschaften nur bei finanzieller Not verkaufen und sonst nur im Baurecht vergeben darf. Damit sorgt der Kanton für kontinuierliche Einnahmen, ermöglicht langfristig günstigen Wohnraum und bewahrt Handlungsspielraum für künftige Generationen.
Die Stiftung Edith Maryon rief diese Initiative mit weiteren Unterstützern ins Leben und macht deutlich, dass sie auch in politischen und gesellschaftlichen Fragen mitmischt. Bereits vor 25 Jahren wurde sie von den Gründern Christoph Langscheid, John Ermel und Michael Riggenbach ins Leben gerufen wurde. Die Namensgebung erfolgte als Gedenken an die englische Künstlerin Edith Maryon, die der Lehre des Anthroposophen Rudolf Steiners folgend, sich insbesondere für den sozialen Wohnbau in der Schweiz eingesetzt hat.
Seit einem Jahr hat die Stiftung Edith Maryon ihren Sitz in der Basler Innenstadt, im Unternehmen Mitte. Buntes Treiben im Café, das in das stattliche ehemalige Bankfoyer einen einladenden Charme bringt. Die Preise sind normal, das Besondere liegt darin, dass es keinen Konsumzwang gibt. Eine Bank gibt es noch im Gebäude, allerdings nur mehr im zweiten Stock, es ist die Freie Gemeinschaftsbank, mit der sich die Stiftung Edith Maryon Büroräumlichkeiten teilt. Das Unternehmen Mitte ist auch Dreh- und Angelpunkt der Initiative für bedingungsloses Grundeinkommen, über die das Schweizer Stimmvolk am 5. Juni entscheiden wird.
Im Jahr 1990 wurde die Stiftung Edith Maryon mit 12.000 Schweizerfranken ins Leben gerufen und hat infolge der Schweizer Tradition über Zustiftungen und Legate (Vererbungen von Immobilien) über die Grenzen des Kantons und der Schweiz hinaus Bekanntheit erlangt. Heute fungiert sie nahezu ausschließlich über Empfehlungen, muss aber viele Anfragen aus Kapazitätsgründen ablehnen. Die Stiftung Edith Maryon beschäftigt zehn MitarbeiterInnen und entwickelt selbst Immobilien, im Laufe ihres Bestehens wurde eine eigene Liegenschaftsverwaltung aufgebaut. Seit der Auflösung einer Kunststiftung, mit der die Übernahme des Unternehmen Mitte erfolgte, hat sich die Stiftung Edith Maryon auch der Unterstützung der Kultur verpflichtet.
Auch in Deutschland ist die Stiftung Edith Maryon seit Jahren tätig. Dort hat sie die Gründung der Stiftung trias mit unterstützt und war Partnerin im ersten großen Projekt der Stiftung trias: ExRotaprint in Berlin – ein gemeinnütziges Projekt für Arbeit, Kunst und Soziales. Seither hat die Stiftung trias ihren Fokus auf gemeinschaftliche Wohnprojekte gelegt, während die Stiftung Edith Maryon in Deutschland auf linksalternative Projekte fokussiert, die oft einen Kunst-/Kulturschwerpunkt mit Wohnen verbinden, und auch Projekte etwa aus den Bereichen Landwirtschaft, Soziales und Bildung bei ihr Platz finden. Der Zugang bei der Umsetzung von Projekten ist jedoch bei beiden gleich. So verlangt auch Edith Maryon von den Projektgruppen, dass sie ein Drittel des Kapitals für das zu stiftende Grundstück selbst aufbringen. Der Baurechtszins bewegt sich zumeist zwischen vier bis fünf Prozent, was sich langfristig für die Projektgruppen als günstig und sinnvoll herausgestellt hat. Ein Vergleich mit den aktuellen Bankzinsen ist irreführend, da dieser nur eine Momentaufnahme ist, während die Projekte eine lange Laufzeit haben.
Die Stiftung Edith Maryon sieht sich als Projektpartnerin für all jene, die den sorgsamen Umgang mit Grund und Boden in den Mittelpunkt stellen. Dies ist Grundvoraussetzung für allenfalls erforderliche finanzielle Unterstützungen der Projekte. Weiters hat die Stiftung auch das Netzwerk Gemeingut Boden mitgegründet, ein informeller Austausch aller Initiativen, die sich dem sorgsamen Umgang mit Grund und Boden verpflichtet haben.
Das oberste Entscheidungsgremium der Stiftung Edith Maryon ist der 5-köpfige Stiftungsrat, der zweimal im Jahr tagt und die grundsätzlichen Fragen beantwortet. Drei Mitglieder dieses Stiftungsrates sind operativ im monatlich bis zweimonatlich tagenden Stiftungsratsausschuss tätig. Für inhaltliche Fragen steht der Stiftung ein Beirat aus ExpertInnen bei, eine Art Freundeskreis, dessen Mitglieder langjährig mit der Stiftung verbunden sind und diese unterstützend begleiten.
Ein Ziel der Stiftung Edith Maryon hat uns besonders beeindruckt: Die Förderung des Austausches zwischen Stadt und Land. Konkret heißt dies, dass über CSA Community Supported Agriculture den Menschen wieder die Herkunft ihrer Lebensmittel und damit die Bedeutung des Bodens als Lebensgrundlage näher gebracht wird. Projekte wie der Weidenhof in Niedersachsen oder das 2013 gegründete Gut Oberhofen setzen diese Ziele als Stiftungsprojekte für Edith Maryon um.
Die Mentalitätsunterschiede sind augenfällig und durch den rechtlichen Rahmen gibt es einige Unterschiede, aber die Umsetzung von Projekten unterliegt denselben Grundsätzen. Daher freuen wir uns auf einen künftig regen Austausch, um durch den großen Erfahrungsschatz der Stiftung Edith Maryon viel für Österreich mitnehmen zu können.
Helmut Friedl und Beatrice Stude waren 2016, noch als Verein Rasenna – Boden mit Zukunft, zu Besuch bei Ulrich Kriese in Basel.