Wie es dazu kam, dass aus der Mitte der Zivilgesellschaft die erste gemeinnützige Bundesstiftung für Land gegründet wurde…
Autorin: Beatrice Stude
„Ihr solltet unbedingt mit Gela – Gemeinsam Landwirtschaften – Ochsenherz reden. Ich glaub, ihr habt dasselbe vor!“ sagt uns ein Teilnehmer beim Land-Forum – Böden aufbrechen 2016. Wir waren für Rasenna – Boden mit Zukunft dabei. Wir redeten miteinander und ja, wir wollten dasselbe! Wo ist der Haken, wo wir nicht zusammen passen? Setzen wir uns mal zusammen und schauen, ob es im Detail irgendwo hakt. Gesagt getan. Das war Ende November 2016. Es folgten ein paar intensive Treffen und dann war klar: Wir machen das gemeinsam und bündeln unsere Kräfte. Weitere intensive Wochen und Monate mit engagierten Mitstreiter*nnen folgten, in denen wir uns fast jede Woche trafen, um unsere beiden Gründungserklärungen abzuklopfen und eine neue, eine gemeinsame zu kreieren.
Hier trafen konkreter Anlass und allgemeine Grundhaltung zusammen. Als Initiativen waren wir beide auf der Suche nach einem Instrument, einem Werkzeug, um Land vor kapitalistischen Kräften für Gemeinschaften abzusichern. Der konkrete Anlass war bei Gela Ochsenherz, dass der Pachtvertrag aufgekündigt, sie von ihrem fruchtbar gemachten Land vertrieben und ihnen damit die Basis ihres gemeinsamen Wirtschaftens genommen wurde. Das hätte ihre Gemeinschaft in Gefahr gebracht. Damit dies nach dem Neuanfang nicht wieder passieren konnte, sollte künftig das Land, das bewirtschaftet wird, und die Investitionen in die Infrastruktur durch die Gemeinschaft abgesichert werden.
Die allgemeine Grundhaltung bei Rasenna – Boden mit Zukunft war, dass Spekulation mit Land die Bodenpreise in die Höhe treibt und gemeinschaftliche Nutzung verhindert oder, dort wo sie entstehen konnte, bedroht. Am Land, als auch in der Stadt. Dort wo Gentrifizierungsprozesse viel stärker greifen und oft die Pionier*innen, die Stadtquartiere attraktiv gemacht haben, infolge steigender Preise vertrieben werden.
Für uns beide war die Antwort auf unsere Suche: Allmende oder Commons, die gemeinschaftliche Nutzung, Pflege und der Erhalt von Land. Uns allen war es ein großes Anliegen auf die massive Versiegelung in Österreich, die tagtäglich voranschreitet, aufmerksam zu machen und einen Beitrag zu leisten, fruchtbaren Boden, als Lebensgrundlage für alle Menschen, die hier leben, zu erhalten. So bündelten Rasenna und Gela Ochsenherz ihre Kräfte. Gela Ochsenherz hat als solidarische Landwirtschaft weiterhin Bestand und ist eine der ersten Nutzer*innen von Land, das in die Munus Stiftung eingebracht wurde. Rasenna, der Verein zur Errichtung einer gemeinnützigen Stiftung, hatte seinen Zweck erfüllt und wurde aufgelöst.
Bevor es soweit war, sollte es jedoch noch viele Besprechungen mit Steuerberater und Rechtsanwalt geben, sowie Vorabstimmungen mit Behördenvertreter*innen. Die Jahre 2017 und auch 2018 zogen mit vielen Detailabstimmungen ins Land. Und einen Namen brauchten wir noch. Einen Namen mit Bedeutung für dieses Vorhaben. Der Name war erstaunlicherweise bald gefunden und allseits akzeptiert. Munus Stiftung – Boden für gutes Leben. Munus ist lateinisch. Munus bezeichnete in der römischen Antike einen Dienst für die Allgemeinheit. Übersetzungen ins Deutsche gibt es mehrere. Wir haben uns die drei, die wir mit unserem Vorhaben verbinden ausgewählt: Aufgabe, Geschenk und Verpflichtung.
Dieses Jahr, im März 2019, war es dann soweit! Die Freude riesig. Geschafft! Das Saatkorn Munus, erfolgreich in den Boden gesetzt. Bringen wir es nun gemeinsam zum Keimen und Gedeihen und Aufbrechen des Bodens für gemeinschaftliches Handeln.
Stiftungen im Allgemeinen haben einen schlechten Ruf in Österreich. Oftmals zurecht, dienen sie doch zumeist dazu, als eigennützige Privatstiftungen die Steuerbeiträge an die staatliche Gemeinschaft zu umgehen oder nur minimal zu leisten. Eigennützige Privatstiftungen gibt es 2019 laut Statista 2.897. Demgegenüber nur 220 gemeinnützige Bundesstiftungen. Daneben noch 240 Landes- und 200 gemeinnützige Privatstiftungen. Eine gemeinnützige Bundesstiftung aus der Zivilgesellschaft heraus gegründet ist eine Besonderheit. Die Novelle, des Bundes-Stiftungs- und Fonds-Gesetzes (BStFG) 2015 hat es möglich gemacht und durch drei Befreiungen Anreize geschaffen: die Befreiung von der Stiftungseingangssteuer, Befreiung von der Grunderwerbssteuer und Befreiung von der Eintragungsgebühr.
Jetzt steht die Munus Stiftung – Boden für gutes Leben zur Verfügung, als Instrument und Werkzeug, offen für alle, um Güter, vor allem Land und damit Boden für gemeinschaftliches Handeln abzusichern. An die Stelle der Eigentümerin tritt die Stiftung, die den Zweck, die Nutzung des Bodens, mit diesem untrennbar verbindet. Alle in der Stiftung Tätigen sind dem niedergeschriebenen und in der Gründungserklärung verankerten unveränderlichen Zweck gebunden. Das ist der Grund, warum wir für die Absicherung von Grund und Boden die Rechtsform gemeinnützige Bundesstiftung gewählt haben. Alle Initiativen und Nutzer*innengemeinschaften, die Land der Munus Stiftung nutzen, haben verpflichtend einen Sitz im Aufsichtsrat und bestimmen gemeinsam mit dem von ihnen bestellten Vorstand.
Die Präambel der Munus Stiftung bringt es auf den Punkt:
Der Erdboden, die Sonne, das Wasser und die Luft sind
Grundlage und Gemeingut allen Lebens.
Achtsamer und nachhaltiger Umgang damit
ist grundlegende Aufgabe der Menschheit.
Diese Aufgabe kann nur in sorgsamem Miteinander der Menschen
und solidarischer und kooperativer Lebensweise erfüllt werden.
Das ist die Voraussetzung eines guten Lebens für alle.
In diesem Sinn betrachten wir unsere Welt als Geschenk und Aufgabe zugleich – als Munus, als den Boden für gutes Leben.
Dieser Artikel ist im Oktober 2019 auch auf cooppa – Das Dezentralorgan einer neuen Bewegung erschienen, als auch im Jänner 2020 in contraste – Zeitung für Selbstorganisation erschienen.